Die Geschichte des Landheims Lessingschule ist ein Spiegel der Geschichte des letzten Jahrhunderts, der politischen Ereignisse, der sozialen Entwicklung und vor allen Dingen der pädagogischen Wertevorstellungen. Viele Akten des Landheimvereins aus der ersten Zeit wurden bei Fliegerangriffen auf Mannheim vernichtet. Diese Lücke musste deshalb durch das Gedächtnisprotokoll des Gründungsvorsitzenden, des Vermessungsrates Beckenbach, aus dem Jahre 1946, sowie durch zahlreiche Erinnerungen ehemaliger Lessingschüler, Lehrer und früherer Heimeltern ausgefüllt werden.
Als sich in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Landheimidee in Deutschland ausbreitete, wurde im Herbst 1923 auch am Lessing-Gymnasium auf Initiative von Professor Bühn vom Elternbeirat beschlossen, ein eigenes Landheim zu schaffen. Organisatorisch war das „schuleigene“ Landheim immer im Besitz eines Trägervereines, dessen Mitglieder sich weitgehend aus Eltern, Lehrern, Ehemaligen der jeweiligen Schule zusammensetzten. Am 7.2.1924 wurde der Landheimverein Lessingschule e.V. als erste derartige Institution in Mannheim gegründet und am 16.2.1924 in das Vereinsregister eingetragen. Die Mitgliederzahl betrug nach einem Monat bereits über 300, das Vereinsvermögen schon 3.000 RM. Bis zum Ankauf und Umbau der früheren Lochmühle und der Einweihung am 28. April 1928 vergingen noch vier Jahre. Die Suche nach einem geeigneten Haus gestaltete sich schwierig; aus verschiedenen Gründen wurden Angebote von Häusern in Zotzenbach, Heddesbach, Heiligkreuzsteinach und Wilhelmsfeld abgelehnt.
Im Winter 1926/27 nahm der Plan, die Lochmühle in Schönau anzukaufen, Gestalt an. Dafür sprach, dass der Ankauf und der Ausbau finanziell am ehesten dem damaligen Barvermögen des Vereins entsprachen, das Heim verkehrstechnisch günstig gelegen war und der Besitzer des Anwesens, der Wirt Adam Gärtner, sich verkaufsbereit zeigte. Der Name ,,Lochmühle“, den das Grundstück unseres heutigen Landheims trägt, deutet bereits an, dass hier einmal die Werkstatt eines Lochmüllers oder Lohmüllers, also eines Gerbers stand. Bis 1898 arbeitete hier der Müller Michael Rummer, bevor er das Grundstück an die Sparkasse Schönau verkaufte. Zwischen 1900 und 1906 war die Mühle in der Hand dreier Gärtner (1900-1904 Wilhelm Harster, 1904-1906 Karl und Alwin Doussaint). 1906 richtete der Wirt Valentin Münich hier eine Gaststätte ein, die 1909 an den Wirt und Koch Adam Gärtner überging.
Die Einnahmen der Gaststätte waren im allgemeinen unzureichend und gingen stark zurück, als der Bau der Bahnstrecke Schönau-Neckarsteinach die Münchelstraße, die zuvor eine wichtige Verbindung für Fuhrwerke nach Ziegelhausen gewesen war, zu einem reinen Wanderweg machte. Ein noch heute vielen älteren Heidelbergern und Schönauern bekanntes geflügeltes Wort geht auf den damaligen Besitzer zurück. Zur Aufbesserung seiner Einnahmen annoncierte der Wirt im Winter in der Heidelberger Zeitung ,,In Schönau schneit’s“, und so kamen am Wochenende zahlreiche Heidelberger mit Schlitten oder Skibrettern über die Münchelstraße gewandert, und wenn es schon keinen Schnee gab - so wollte man sich seine Mühe wenigstens mit einer Tasse Kaffee belohnen. Noch heute ist dieser Satz das Motto des alljährlichen Schönauer Altstadtfestes.
Am 1. März 1927 wurde der Ankauf des Grundstückes im Schafbachtal durch den Vorsitzenden des Vereins beurkundet. Neben der Lochmühle mit zwei benachbarten Grundstücken (zusammen etwa 1ha Gelände mit Gebäuden) wurden noch etwa 87 a Ackerland und Wiese im oberen Schafbachtal angekauft. Später wurden noch einige benachbarte Grundstücke zur Abrundung des Gebäudes hinzu-erworben. Das heutige Grundstück umfasst mehr als 2,5 ha. Die Wasserturbine und die elektrische Lichtanlage, sowie einige Einrichtungsgegenstände im Wert von 385 RM wurden mitübernommen. Der Gesamtkaufpreis betrug 23.000 RM. Eine auf den Grundstücken lastende Darlehenshypothek der Sparkasse Schönau von 7.500 RM wurde übernommen. Von den restlichen 15.500 RM wurden 3.500 RM beim Vertragsabschluss fällig, je 6000 RM am 1.Juli 27 bzw. am 1.Januar 28. Übergabetag war der 20. September 1927. Die Umbauarbeiten dauerten von Oktober 1927 bis April 1928. Sie wurden geleitet von dem Mannheimer Architekten Würth, dem Vater eines Lessing-Schülers. Die Küche wurde vergrößert, Dusch- und Waschräume entstanden neu, ebenso zusätzliche Toiletten; zunächst wurden zwei Schlafsäle eingerichtet. Der heute wieder funktionierende Kachelofen im Erdgeschoss speiste eine Warmluftheizung in den Schlafsälen. Im „Kandelgrund“ wurde eine Quelle gefasst und zum Heim abgeleitet.
Bereits am 12. Oktober 1927 waren die Eheleute Emil und Katherina Zimmermann als erste Heimel-tern ins Landheim eingezogen. Unterdessen war der Ausstattungsausschuss unter der Leitung von Frau Herrlinger, Mutter zweier Lessingschüler, mit der Einrichtung des Heimes beschäftigt. So waren bereits 1926 Bettstellen, Spinde, Bettwäsche und zahlreiche Küchengeräte aus Heeresbeständen angekauft worden. Viele Gegenstände erhielt der Ausschuss durch Stiftungen. Am 28. April 1928 fand die Übergabe des Heims an die Schule statt. Sternwanderungen aller Schulklassen mit ihren Lehrern führten zum Heim. Vertreter des Kultusministeriums, der Stadt Mannheim, der Stadt Schönau, der Mannheimer Höheren Schulen, erschienen zur Einweihungsfeier.
Im Oktober 1929 - nach anderthalb Jahren - besuchten Behörden und Presse das Heim. Die Zeitungen berichteten sehr positiv über das Landheim. In den ersten Jahren waren vor allen anderen „Landheimvater“ und Turnlehrer Fritz Kautz und Frau Herrlinger die treibenden Kräfte im Landheimverein. Herr Kautz war Herz und Seele des Landheimgeschehens, sowohl in organisatorischer, als auch in ideeller Hinsicht. Einerseits ein ,,Macher“, doch zugleich Herz und Seele des Landheimgeschehens, ist er aus der Anfangszeit des Landheimes nicht wegzudenken. Seinen Mühen verdankt das Heim eine fast planmäßige innere und äußere Entwicklung und eine gedeihliche Zusammenarbeit mit der Schule bis zum 2. Weltkrieg. Während des Krieges gelang es Herrn Kautz, das Haus vor fremdem Zugriff zu bewahren. Von einem seiner vielen Inspektionsbesuche im Heim - im Herbst 1943 - kehrte er nach Mannheim-Feudenheim zurück und erlag, zu Hause angekommen, einem Hirnschlag. ,,Papa“ Kautz, wie ihn, den kleinen, drahtigen Mann, mit seinem kurzen Haarschnitt, die Schüler nannten, war verantwortlich für den Bau eines kleinflächigen Sportplatzes am Schafbach, des ,,Olympiastadions“. Er brachte immer wieder Schüler auf die Beine, die freiwillig zu Schaufel und Spaten griffen und bei diesen Bauarbeiten halfen. Mit ihrer Unterstützung entstand auch das Mini-Schwimmbecken, das sich auf dem heutigen, vergrößerten Fußballgelände befand. Für die ersten Schwimmwettkämpfe stiftete Herr Kautz die Preise. Nur einen Nachteil hatte dieses Schwimmbassin: Wie war das Quellwasser doch so kalt! Die heute nicht mehr vorhandene, aus Holz gefertigte Kegelbahn, die sich auf der dem Hauptgebäude gegenüberliegenden Hangseite befand, am oberen Teil der ,,Himmelstreppe“, war ebenso ein Werk dieses unermüdlichen Mannes. Frau Herrlinger war ehrenamtlich als Hausdame tätig; sie traf die Anordnungen in der Hauswirtschaft und kaufte die Lebensmittel ein. Um dem Heim nah zu sein, hatte sie ein Nachbargrundstück erworben und sich oberhalb des Landheims eine kleine Wellblechhütte als Wochenendhäuschen erstellt. Sie starb bereits im Februar 1936 an den Folgen eines Unfalls, den sie sechs Wochen zuvor im Landheim erlitten hatte.
In den Jahren zwischen 1940 und 1954 befand sich das Landheim in einem Existenzkampf. Nachdem Familie Assion nach achtjähriger Tätigkeit als zweites Heimelternpaar bereits 1937 das Heim aus familiären Gründen hatte verlassen müssen, die folgenden Heimeltern Schmitt und Haaf nur jeweils zwei Jahre geblieben waren, übernahm im November 1941 Herr Weller mit seiner Frau die Stelle der Heimeltern. Mit ihrem Namen sind die folgenden 20 Jahre untrennbar verbunden. Kurz nach Beginn ihrer Tätigkeit wurde das Heim von Mai 1942 bis Anfang 1945 von der HJ beschlagnahmt und der Kinderlandverschickung zur Verfügung gestellt. Schon im Januar 1941 waren hier 41 Kinder aus Dortmund mit einer Lehrerfamilie und HJ-Vertreter eingekehrt, aber von November 41 bis Mai 42 waren dann wieder regelmäßig Lessing-Klassen ins Landheim gekommen. 1945 stand das Landheim von März bis September leer. Im September 45 wurden dann bis 1949 die Kinder des zerstörten Mannheimer Wespinstiftes (bei der heutigen Pestalozzischule) hier untergebracht. In diesen Jahren weisen die Gästebücher zahlreiche Tagesbesuche von Lessing-Klassen, zumeist unter der Führung von Herrn Rohr, auf, um die Bindung zwischen Schule und Landheim wiederherzustellen. Als Kuriosum ist hier anzumerken, dass diese Klassen jeweils pro Schüler einen Backstein für den geplanten Aufbau der Terrasse mitbrachten. Im Februar 1949 konnte eine Untertertia als erste Klasse der Lessingschule das geräumte Landheim wieder belegen. Zuvor war das ganze Haus überholt und die Terrasse im ersten Stock überbaut worden, wodurch ein neues Zimmer gewonnen werden konnte. Am 27. April 1953, einen Tag vor dem 25-jährigen Jubiläum, wurde das Landheim wiederum be-schlagnahmt - dieses Mal vom Landratsamt Heidelberg, das hier 60 bis 70 Ostflüchtlinge unterbrach-te. Mehrere Klagen - unter anderem beim Verwaltungsgerichtshof Karlsruhe - blieben erfolglos. Erst im September 1954 wurde das Landheim wieder seiner eigentlichen Bestimmung übergeben. Nachdem man es grundlegend - sogar unter Hinzuziehung eines Kammerjägers - gereinigt hatte, konnte nach einer Wiedereröffnungsfeier der gesamten ,,Landheimfamilie“ am 6.November 1954 die erste Klasse das Heim wieder beziehen.
Direktor Schulze-Diesdorf und sein Stellvertreter Delphendal, der ihm später kommissarisch nachfolgte, hatten entscheidend das Landheimgeschehen der ersten Nachkriegsjahre bis zum Amtsantritt des neuen, noch sehr jungen und energisch dreinblickenden Direktors Dr. Wilhelm Kölmel, bestimmt. Seit 1951 war die Direktion der Schule neu besetzt mit Herrn Dr. Kölmel, der sich gleich zu Beginn seiner Tätigkeit durch seinen Einsatz für die Herausgabe des Heimes aus dem Amtsbereich des Flüchtlingskommissariats sehr verdient machte. Nach der Rückgabe kamen auf den Verein neue Aufgaben zu. Zunächst musste das zerrüttete Kassenwesen auf eine neue Grundlage gestellt werden. Außerdem waren viele Renovierungsarbeiten notwendig geworden. Zwischen 1959 und 1961 wurde die ehemalige Scheune zu einem Freizeitraum umgebaut, der im Innern mit einem Sgraffito, an der Außenwand mit dem Schulwappen in einer Mosaikdarstellung ausgeschmückt wurde. Der Kunsterzieher Zimmer hatte das Wappen entworfen, der stellvertretende Direktor Dr. Fedel brachte es sachkundig an. Herr Dr. Fedel war auch als ,,Brückenbauer“ tätig, und sein eingelegter, steinerner Schachtisch an der Grillhütte ziert heute noch den Schafbachhang. Sträucher und Fichten wurden auf dem Landheimgelände angepflanzt. Der Name Dr. Einert war in jener Zeit zu einem Begriff geworden. Seine Spuren sind heute noch überall zu erkennen: die Tannengehege, die Abstützmauer mit dem Holzgeländer, die Bachuferbepflanzung, die Obstbäume und vieles mehr. Der ehemalige Pioniermajor versah diese Arbeiten mit militärischem Elan. Dass sich Geräteausteilung und Geräterückgabe mit soldatischem Zeremoniell abwickelten, trug zur Erheiterung und Auflockerung der Schüler wesentlich bei. Ob nun für den Stützmauerbau aus dem naheliegenden Steinbruch oder aus dem Bachbett Steine geholt wurden, war nicht so wichtig. Dass aber alle Steine einer sorgfältigen Reinigung durch die mit Wurzelbürsten bewaffneten Schüler unterzogen wurden, war unbedingt notwendig. Für den Besucher ein wahrhaft köstlicher Anblick! Herrn Dr. Kölmel gelang es, den Landheimbesuch zu einem wichtigen Bestandteil der pädagogischen Arbeit zu machen. Es war damals nicht einfach, insbesondere die Lehrer zu einem Landheimaufenthalt zu bewegen. Aber Herr Dr. Kölmel machte es auf seine Art. So wurde in diesen Jahren so mancher Kollege mit dem Motto: „Nun gehen Sie schon!“ mit einem Landheimaufenthalt ,,bedacht“. Gerade aus dieser Schülergeneration der Jahre 1954 bis 1970 erinnern sich viele heute noch gern an ihre Landheimzeit. Waren doch auch sie es, die an den zahlreichen Umbauten im und um das Haus aktiv beteiligt waren. Man sprach damals vom ,,freiwillig-gezwungenen“ Arbeitsdienst. Aber schließlich hatte man seinen Spaß dabei, und nachher war man stolz auf das Geschaffene. Auch um Details kümmerte sich Herr Dr. Kölmel. Während der Klassenaufenthalte machte er im Landheim Kurzbesuche. Er wanderte mit seinen Schülern, begleitete sie beim Gesang auf der Klampfe: „Weiße Schwalben sah ich fliegen ...“
Auch die jeweiligen Landheimeltern haben in ihren verschiedenen Eigenarten dem Landheimleben Akzente verliehen. Fips Rohr schreibt in seinen Erinnerungen „Splitter und Späne“ in der Landheimfestschrift 1978: „Wisst ihr noch, so könnte man fragen, als Herr Assion die Trompete blies und wir uns auf dem Rückweg nach Ziegelhausen auf der Münchelstraße an der Einsiedlertanne noch einmal umdrehten und seinen Klängen lauschten? Wisst ihr noch, wie wir damals in der Küche saßen und Kartoffeln schälten? Erinnert ihr euch noch, wie Hühner den Landheimhof bevölkerten? Wie Frau Assion stets über sie wachte, damit die Schüler sie nicht jagten? Diese Heimelternfamilie aus der Neckarstadt verlieh den Aufenthalten ein besonderes Fluidum, hatte man doch niemals das Gefühl, von Mannheim weg zu sein, denn ihr waschechter Mannemer Dialekt vermittelte uns ein Gefühl der Geborgenheit.“ Familie Weller, die – wie bereits erwähnt - unter schwierigen Umständen 1941 ihr Amt antrat, blieb 20 Jahre im Heim. Während des Krieges waren sie es, die sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Beschlagnahme durch die HJ und sonstige Parteigliederungen wehrten. Herr Weller stand oftmals kurz vor der Verhaftung, weil er sein Pfälzer Temperament nicht zügeln konnte. Kurz vor Kriegsende verhinderte er die Besitznahme des Hauses durch einen Wehrmachtsstab. Auf dem nahegelegenen Münchel hatte sich in den letzten Kriegstagen eine amerikanische Artillerieeinheit installiert. Die Fliegerangriffe aus Mannheim spiegelten sich am Himmel wider. Das Haus wurde für viele Flüchtende oft für kurze Zeit zur Durchgangsstation. Familie Weller verwuchs in dieser schweren Zeit in einer besonderen Weise mit dem Landheim. Es wurde zu ,,ihrem“ Haus. „Sorgfältig und sparsam“ war das Leitmotiv ihrer Tätigkeit. Man rechnete mit dem Pfennig, man flickte und stopfte. Frau Weller war Spezialistin im Erhalten jedes einzelnen Inventarstücks, in der Hausarbeit allgemein. Ihr Mann Karl wirkte in der Küche. Als ehemaliger Konditormeister in Schwetzingen avancierte er hier zu einem ganz vorzüglichen Koch. Man hatte Angebote, den Landheimdienst zu verlassen und eine besser dotierte Stelle anzunehmen. Aber die Anhänglichkeit zum Landheim obsiegte. Es war schon ein Schlag für die Landheimverantwortlichen, als sie sich nach einer Beinamputation Herrn Wellers nach geeigneten Nachfolgern umsehen mussten. Ende 1961 musste dann Familie Weller das Heim verlassen.
Die folgenden Verwalterehepaare Holz und Resch fühlten sich im Landheim nicht recht wohl und gingen bereits nach kurzer Tätigkeit. Im April 1965 übernahm dann Familie Strunz für eine lange Zeit von mehr als 27 Jahren die Betreuung des Heims. Frau Strunz leitete, zunächst mit Ihrem Mann bis zu dessen Tod im Jahre 1977, die Geschicke der Hauswirtschaft. Für Generationen von Schülern ist der Name Strunz mit einer aufopferungsvollen Pflege des Hause, mit zahlreichen Umbauarbeiten, mit einer guten Küche, aber auch mit einem liebevollen, aber strengen, für sie besonders typischen Auftreten verbunden. „Avanti, sonst werd‘isch granti!“ ist einer der zahlreichen Aussprüche, die die aus dem Vogtland stammende Landheimmutter kennzeichnen. Frau Marquardt, die sie 1992 - gemeinsam mit ihrem Mann - ablöste, musste nach nicht einmal drei Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Der Abschied kam so kurzfristig, dass geeignete Nachfolger nicht so schnell zu bekommen waren, und so sprang Frau Strunz, die ihren Alterssitz im benachbarten Hasselbacher Hof gefunden hatte, noch einmal für ein halbes Jahr ein, bis der Vorstand ein Heimelternpaar „nach Maß“ gefunden hatte. Stefanie und Antal Pap begannen im Januar 1996 ihre Tätigkeit. Frau Pap besorgt Küche und Hauswirtschaft in hervorragender Weise, ihr Mann – gebürtiger Ungar – erledigt viele Reparaturen im Haus und Gelände und kocht auch schon mal bei einer Festlichkeit sein beliebtes Kesselgoulasch. Ihnen wünschen wir noch viele für das Heim segensreiche Jahre.
Ehemalige Schüler interessieren sich immer wieder für das Landheim, um etwas Vergangenheit zu schnuppern, und nicht selten kommt nach der Besichtigung das Kompliment: „Das Haus ist aber schön geworden.“ Bei einem Heim, das aus zwei Gebäuden besteht, die weit über 100 Jahre alt sind, deren Fundamente noch viel älter sind und den Brand im 19. Jahrhundert überlebt haben, das 2,5 ha Wald und Wiesen besitzt, in dem Tausende von Schülern Aufenthalte verbracht haben, ist immer etwas zu tun, um dem Verfall entgegenzuwirken. Was aber in den letzten Jahren aus unserem Haus geworden ist, muss man sich schon selbst ansehen. So mussten schon 1972 nach Einführung der Koedukation am Lessing-Gymnasium Umbauten, wie z.B. die Anlage weiterer Toiletten und Waschgelegenheiten, durchgeführt werden. Zuvor war bereits der bestehende Waschraum mit neuen Waschbecken versehen worden. 1976 wurde der Duschraum einem erneuten Umbau unterzogen. Erst in den letzten Jahren wurde der gesamte Sanitärbereich dann vollständig modernisiert. In den Toiletten sowie im Dusch- und Waschraum wurden die Rohre unter Putz gelegt, neue Fliesen angebracht und Holzdecken eingezogen; gleichzeitig erhielten alle Schlafräume Duschkabinen. Zur Sorge um Hygiene und Sauberkeit gehörte auch die Sanierung des Kellerbereiches. Der Einbau eines modernen Lebensmittellagers und eines zusätzlichen Wirtschaftsraumes gehörte zu den wesentlichen Bestandteilen der Umbauten im Keller. Alle Kellerfenster wurden erneuert und durch Gitter gegen eindringendes Ungeziefer abgesichert. Die Küche wurde erst 2008 renoviert und auf einen modernen Stand gebracht, der den europäischen Hygienenormen entspricht. Mit Unterstützung des Oberschulamtes konnten wir einen neuen Wirtschaftsherd und neue Kühl- und Gefrierschränke anschaffen, für die Erleichterung der Arbeit im Wirtschaftsbereich außerdem eine Vielzahl von Geräten erwerben wie z.B. Waschmaschine, Trockner, Bügelmaschine, Kartoffelschälmaschine und eine größere Küchenmaschine. Neben der Hygiene war ein wichtiges Motiv für die Umgestaltung der Räume die Sicherheit. Bereits 1984 war für die oberen Räume des Nebengebäudes ein neuer Eingang geschaffen worden, der den früheren Zugang durch den Heizraum abgelöst hatte. Gleichzeitig war der gesamte Hofbereich neu belegt worden. Für die oberen Stockwerke wurde eine Feuerleiter angeschafft, die im Notfall aus dem Fenster herabgelassen werden kann. Im ganzen Haus wurden zudem in den letzten Jahren neue Elekroleitungen verlegt. Im Treppenhaus wurde eine Notbeleuchtung installiert, an mehreren Orten vorschriftsmäßige Feuerlöscherkästen angebracht. Zur Sicherheit gehört aber auch der Schutz des alleinstehenden Hauses nach außen. Die Kellertür wurde durch eine neue Stahltür ersetzt. Neue sichere Schließzylinder und bessere Beleuchtungsanlagen, z.B. auch eine Alarmbeleuchtung, tragen zur Sicherheit der Heimbewohner bei. Viele Investitionen galten der Steigerung der Attraktivität. Im Nebengebäude hatte bereits 1979 eine Untersekunda mit Herrn Rohr eine Speicherbar eingerichtet. Zuvor war im Erdgeschoss ein Beatschuppen errichtet worden. Vor zwei Jahren konnten wir die Speicherbar vollständig renovieren, die nun den modernen Anforderungen der Schüler Rechnung trägt. Bereits 1973 wurde der große Freizeitraum im Erdgeschoss dieses Gebäudes von einer Klasse isoliert und durch Nut- und- Feder- Holzverkleidung zu einem wohnlichen Mehrzweckraum gemacht. Mit der Gestaltung eines neuen Raumes im Speicher der ehemaligen Scheune konnte 1978 ein weiteres Zimmer gewonnen werden, ein Bibliotheksraum, das sogenannte Stille Zimmer. Für Unterrichtszwecke, aber auch für die Freizeitgestaltung, wurden für den Unterrichtsraum, den heutigen Werner-Diefenbacher-Saal, ein Fernsehgerät, ein Videorecorder mit einem abschließbaren Schrank und eine Satellitenantenne sowie eine moderne Tafel angeschafft. In den letzten Jahren war dort eine neue Bestuhlung dringend notwendig geworden. Im Jahr 2008 wurden wir durch undichte Stellen in der Mauer gezwungen, das gesamte Mauerwerk und den Boden freizulegen und den Raum von Grund auf zu renovieren. Der Speisesaal war bereits Mitte der Siebziger Jahre in zwei Räume aufgeteilt worden, ein reines Esszimmer im rustikalen Stil und einen kleineren Freizeitraum. Beide Räume wurden sehr schön hergerichtet und verbreiten mit ihrer Holzverkleidung und ihrer Einrichtung eine heimelige Atmosphäre. 1987 erhielten wir für den Freizeitraum ein hervorragendes Klavier, das seitdem die Aufenthalte auch musikalisch bereichert. Bereits Anfang der Siebziger Jahre waren die Schlafsäle mit einer Holzverkleidung versehen worden. Ende 1995 konnten wir dann einen Lagerraum und ein selten benutztes drittes Begleiterzimmer zusätzlich als Schülerschlafräume einrichten und dadurch die 42 Schülerbetten von bisher fünf auf nunmehr sieben Räume verteilen. Alle Schlafräume erhielten neue Kleiderschränke und wirken nun etwas großzügiger. In den Lehrerzimmern wurden die Möbel nach vielen Jahren ersetzt, die Waschbecken erneuert und Duschkabinen installiert; dadurch sind die Aufenthalte seitdem auch für die Lehrer etwas angenehmer geworden.
Ende 1975 wurde die Grillhütte unterhalb des Sportplatzes fertiggestellt. Der Waldsportpfad der Gemeinde Schönau am Feuersteinkopf ergänzte unsere eigenen Sportanlagen. Die Pläne einer neuen Kegelbahn hinter der ,,Scheune“, die in Gedenken an die ehemalige Kegelbahn auf der gegenüberliegenden Straßenseite von einer früheren Klasse geplant wurde, konnten bisher nicht realisiert werden. Der gesamte Eingangsbereich wurde, ebenso wie die Außenfassade der beiden Gebäude, im Jahre 1997 grundlegend renoviert. Hierzu gehören neben der Erneuerung des Schuhschrankes auch die gesamte Beleuchtungsanlage im Treppenhaus. Auch die Wohnung der Heimeltern wurde in diesem Zeitraum einer gründlichen Modernisierung unterzogen. Im Jahre 1990 wurde die große Terrasse durch eine Pergola überdacht. Dadurch entstand gleichzeitig ein sehr schöner Freisitz für regnerische Tage. Manche Investitionen sind auch für den Besucher gar nicht sichtbar, oft gerade die kostspieligsten. So erfolgte zum Beispiel 1987 der Anschluss an die Kanalisation, bei dem uns aber die Gemeinde Schönau und die Stadt Mannheim unterstützt haben. Die Mauer am Vorgarten und die Garageneinfahrt mussten aus Sicherheitsgründen saniert werden. Das Fundament war an der Bachseite undicht geworden und musste mit größerem Kostenaufwand saniert werden. Die komplette Heizungsanlage, Heizkessel in beiden Gebäuden, Brenner, Pumpe und Öltank wurden modernisiert, die Kamine mit einer Edelstahleinfassung versehen, der Kachelofen saniert und wieder betriebsfähig gemacht. Im Jahr 2008 wurden die zahlreichen Verbesserungen des Landheims belohnt mit der Zuerkennung von zwei Sternen im Rahmen des Qualitätsmanagements. Damit ist unser Landheim eines der höchstcertifizierten im süddeutschen Raum.
Das größte und aufwendigste Projekt war die Sanierung und Renovierung der Sportplätze. Mehrmals jährlich wurden die beiden Plätze überflutet und waren längere Zeit nicht bespielbar. Randsteine weh-ren nun das eindringende Wasser ab, Gullies leiten überschüssiges Wasser direkt in den Bach, das gesamte Gelände wurde drainiert und mit einer mineralhaltigen Schicht belegt. Ein hoher Zaun um die Sportplätze bietet Schülern und dem vorbeifahrenden Verkehr mehr Sicherheit. Am 12. Juni 1993 wurde an einem Tag der offenen Tür das neue „Fips-Rohr-Stadion“ mit einem Fußballspiel und einem Basketballspiel eingeweiht. Anlässlich des 75. Geburtstages von Fips Rohr erhielt dieser Platz, der von ihm selbst mit Schülern und mit Unterstützung der amerikanischen Armee 1962 an der Stelle des ehemaligen Schwimmbades förmlich aus dem Boden gestampft worden war, seinen Namen. Um die-sen Platz hatten sich nicht nur zahlreiche seiner Landheimaufenthalte mit Schulklassen gedreht; hier hatte er auch die badische Amateurmannschaft, den SV Waldhof und den VfL Neckarau trainiert. Die gute Verbindung zur Stadt Schönau zeigte sich auch bei diesem Projekt, das von der Gemeinde unterstützt wurde; und heute trainiert auf unserem Gelände in der belegungsfreien Zeit auch eine Schönauer Mannschaft. Die „kleinen Arbeiten“ Neben den erwähnten größeren Arbeiten sind es jedoch immer wieder jene zahlreichen kleineren Arbeiten der Klassen, durch die ein Landheimaufenthalt für die Schüler zu einem bleibenden Erlebnis wird. Das Anlegen der Sonnenterrasse oder des kleinen Teiches oberhalb der kleinen Wellblechhütte, die Gestaltung der Speicherbar, die Einrichtung des Beatschuppens sowie zahlreiche alltägliche Arbeiten wie das Reinigen der zum Heim gehörenden Fichtenschonungen, das Steinesammeln im Bach, das Holzhacken mit anschließendem Lagerfeuer und viele andere Arbeiten erfüllen die Schüler mit Freude und Stolz; ihr pädagogischer Wert ist nicht zuletzt auch in den Waldorfschulen erkannt und praktiziert worden.
In den siebzig Jahren seines Bestehens hat das Landheim viele Höhen und Tiefen durchschritten, wie z.B. Beschlagnahmung durch die HJ für Zwecke der Kinderlandverschickung, Einquartierung von Kindern des zerstörten Wespinstiftes, wiederum Beschlagnahmung durch das Landratsamt Heidelberg für die Einquartierung von Ostzonenflüchtlingen. Schüler- und Lehrergenerationen wechselten einander ab, Schulleiter kamen und gingen, Lehrpläne und Bildungsziele wurden reformiert, dies alles aber hat das Landheim überlebt. So muss die Frage erlaubt sein, welche Begründung es damals und heute für diese Institution gab bzw. gibt. Die Begeisterung im Jahre 1928 war groß. Was konnte man mit einem eigenen Landheim erreichen! Noch gab es keine Konkurrenz unter den Gymnasien. Es stand fest, dass ein Gymnasium seinen Platz in der Innenstadt hatte; an der Peripherie gab es zu dieser Zeit keine Gymnasien. Integration, Zusammenführung der Jugendlichen aus allen Stadtteilen, war ein wichtiges Erziehungsziel. Die sozialen Verhältnisse, die hygienischen Bedingungen, waren aber zu dieser Zeit noch sehr unterschiedlich. Der Mittelstand war recht schwach; die meisten Bürger hatten dunkle Stadtwohnungen ohne Bäder, wie wir sie heute gewöhnt sind. Urlaub war für viele Jugendliche ein Fremdwort. Und so war ein schuleigenes Landheim für zahlreiche Schüler jener Zeit nicht nur eine Einführung in soziale Verhaltensformen, sondern gleichzeitig eine Art besonderen Urlaubs in der freien Natur. Dazu kamen Ideen, die in der Jugendbewegung ihren Ursprung hatten und von der Schullandheimbewegung aufgegriffen wurden. Vieles hiervon wurde auch in die Zeit des Dritten Reiches hinein übernommen. Garant hierfür war nicht zuletzt der damalige Schulleiter Schulze-Diesdorf, der einer einseitigen Politisierung der Schule energischen Widerstand leistete. Und so hatte auch damals das Landheim unter ähnlichen Vorzeichen Hochkonjunktur. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg kamen, ähnlich wie bei der Generation nach dem Ersten Weltkrieg, viele Gedanken wieder auf, die denen der Generation der Väter ähnelten: die Wohnungen waren zerstört, in vielen Familien war der Vater in Kriegsgefangenschaft oder sogar gefallen; zu den pädagogischen Aspekten des Landheims kamen die ganz praktischen Gründe: Urlaub, Sport und Wandern, gemeinsames Erleben mit anderen Jugendlichen.
Dies änderte sich erst Ende der Sechziger Jahre. Inzwischen lebten die meisten Deutschen im Wirt-schaftswunder. Der Jahresurlaub im Ausland wurde zum Normalfall, zunächst oft noch mit Zelt, dann aber steigerten sich nach und nach die Ansprüche an die Qualität der Unterkunft, an die Entfernung vom Heimatort. Exotische Ziele wurden anvisiert, und ein Urlaub im Odenwald wurde von vielen milde belächelt. Dies wurde oft auch auf Klassenfahrten übertragen; Südtirol erlebte einen Boom, „Skilandheim“-aufenthalte im Zentralmassiv oder in den Dolomiten wurden immer öfter durchgeführt, Studienfahrten in ferne Großstädte sollten vielfach Landheimaufenthalte ersetzen. Die Belegung des Heims ging spürbar zurück. Zum einen entwickelte sich eine Landheimmüdigkeit, die um das Jahr 1970 bei vielen Schülern und Lehrern sogar zum Wunsch führte, das Landheim zu verkaufen. Viele andere schuleigene Landheime wurden in diesen Jahren tatsächlich veräußert, so das des Liselotte-Gymnasiums oder des Hölderlin-Gymnasiums Heidelberg. Herr Direktor Dr. Kölmel, ein Garant für den Landheimgedanken, hatte sich inzwischen nach Ettlingen versetzen lassen. Es wurde schwierig, Klassen und Lehrer für einen Landheimaufenthalt zu gewinnen. Gründe hierfür waren einerseits, vor allem bei manchen Lehrern, das Gefühl der Mehrbelastung und eine fehlende Identifizierung mit dem Landheimgedanken, andererseits die zunehmende Touristik. Durch Erlass des Kultusministeriums vom August 72 und März 73 wurde außerdem die Zahl der Landheimaufenthalte für jeden Schüler auf höchstens einen in seiner gesamten Schulzeit begrenzt. Erst auf den energischen Protest des Schullandheimverbandes Baden-Württemberg unter seinem damaligen Vorsitzenden Herrn OStD Botsch aus Heidelberg erhielten im Mai 1975 die damals sechs Schulen in Baden-Württemberg mit eigenem Heim die Genehmigung, in der Regel 75% der Kapazität für die eigene Schule zu nutzen und bereits fünfte Klassen im zweiten Halbjahr ins Landheim zu schicken.
Nachdem Herr Dr. Kölmel 1970 die Schule verlassen hatte, wurde unter der kommissarischen Leitung von Herrn Dr. Fedel das Heim aus der Schulverwaltung herausgelöst und verselbständigt. In diesen Jahren kämpfte Herr Rohr einen stillen und zähen Kampf um die Rückbesinnung auf den Landheim-gedanken und den Erhalt des Heimes überhaupt. Da der Besuch eigener Klassen nachgelassen hatte, ging es darum, fremde Klassen für Aufenthalte zu gewinnen. Bei anfänglicher Unterstützung durch das Jugendferienwerk Mannheim gelang es allmählich, das Heim wieder ganzjährig zu belegen. Das führte zu einer wirtschaftlichen Wiedererholung des Heims und - damit verbunden - der Möglichkeit zu den oben erwähnten zahlreichen Erneuerungen im Heim im Laufe der letzten Jahrzehnte. Landheim heute Gerade heute, in einer Zeit, in der viele Kinder ohne Geschwister aufwachsen, viele Eltern alleinerziehend sind, viele sonstige Gründe ins Feld geführt werden können, die eine Sozialisation der Kinder und Jugendlichen erschweren, haben Landheimaufenthalte eine völlig neue Begründung gefunden. Heute sprechen die eigentlichen Erziehungsziele für einen Landheimaufenthalt, nicht so sehr die Gründe, die für die Generationen von Schülern nach den beiden Weltkriegen, in den Zeiten der Inflation und der Weltwirtschaftskrise, gültig waren. Das Landheim kann nicht mehr Ersatz für fehlende Urlaubsreisen sein, es kann und will auch nicht in Konkurrenz treten zu den Urlaubszielen der Familien. Es ist notwendige Ergänzung der Schule, und damit schließt sich der Kreis wieder zu den Anfängen hin. Mögen die Namen sich ändern, die Ziele ähneln sich doch sehr, wenn auch hier und da eine kleine Verschiebung des Gewichtes zu spüren ist, mehr allerdings bei den Namen als bei den Inhalten der Erziehungsziele durch das Schullandheim: Sprach man früher vom Ausgleich sozialer Spannungen, so redet man heute von Integration, der Begriff Kameradschaft wurde durch Steigerung der Sozialkompetenz ersetzt, statt Verbundenheit mit der Natur reden wir heute von Umwelterziehung. Gesundheitserziehung stand früher wie heute als Ziel in den Bildungsplänen. Natürlich hat sich auch die Landheimbewegung weiter entwickelt.
Der Deutsche Schullandheimverband ist sehr aktiv und entwickelt Modellversuche, an denen auch unser Landheimverein schon mehrfach teilgenommen hat. So waren die deutsche Einigung und die europäische Integration Themen, denen sich die Landheimbewegung sehr frühzeitig geöffnet hat, und auch die Umwelterziehung ist ein wichtiges Thema, das im Schullandheim einen besonderen Stellenwert besitzt. Projektarbeit und fächerverbindender Unterricht sind häufig gebrauchte Begriffe moderner Pädagogik, die sich gerade im Landheim besonders gut realisieren lassen. Wichtig ist also, dass wir uns immer wieder darauf besinnen, was wir mit Schullandheimaufenthalten erreichen können und nicht einem wohl verständlichen, nicht aber zu billigenden Wunsch nach mehr Tourismus nachkommen. Europäische Integration im Schullandheim Ein Modellversuch „Erziehung für Europa im Schullandheim“ förderte gemeinsame Aufenthalte deutscher Schulklassen mit Gruppen aus dem europäischen Ausland. So waren im Rahmen dieser Aktion unter anderem bei uns Klassen aus Toulon im Rahmen des Austausches, eine Klasse aus Iglau (Tschechien) und mehrere Gruppen des Warschauer Waisenhauses Nasz Dom zu Gast. Zu vermerken ist auch, dass die Partnerschaft mit Toulon, mit dem Gymnasium Dumont d'Urville im Landheim eine bleibende Stätte gefunden hat. Der ,,Fenstersturz“ im Odenwaldzimmer hat fast symbolisch das Tor zum ,,appariement“ aufgestoßen. In den Anfangsjahren Gérard Télisson und Georges Krug, M. Seltzer und seit vielen Jahren Pierre Sanson sind mit unserem Heim besonders verbunden. Aber auch der Schulleiter der Anfangszeit unserer Partnerschaft, M. Airaudi, hat das Landheim bei mehreren Besuchen kennen und lieben gelernt.
Besonders stolz ist der Landheimverein darauf, dass bereits wenige Tage nach der Wiedervereinigung im Oktober 1990 zwei Klassen aus Riesa gemeinsam mit Lessingklassen einen Aufenthalt durchfüh-ren konnten. Der damalige Vorsitzende des Deutschen Schullandheimverbandes Eberhard Johannson – selbst während des Krieges einige Jahre lang Schüler am früheren Riesaer Max-Planck-Gymnasium – und Peter Krössinger, Vorsitzender des Baden-Württembergischen Schullandheimverbandes, begrüßten die Schüler persönlich in unserem Heim. Der Bundesverband hatte schnell gehandelt und gleich zu Beginn der Einheit solche deutsch-deutschen Aufenthalte gefördert. Die Partnerschaft zum Max-Planck-Gymnasium Riesa wurde dann durch die Pflanzung des Einheitsbaumes am Hang oberhalb des Landheimes am 17.10.1990 auch förmlich besiegelt. Umwelterziehung Innerhalb des Modellversuchs Umwelterziehung war neben den vielen Renovierungsarbeiten auch die Pflege des Geländes wesentlich. 1984 wurde die AG Ökologie oder die „Bach-AG“ unter der Leitung von Frau Wiegand und Herrn Eichenmüller gegründet. Im Rahmen des Modellversuches des Deutschen Schullandheimverbandes „Umwelterziehung im Schullandheim“ war diese Arbeitsgemeinschaft ein wichtiger Mosaikstein. Es ging darum, die Umgebung des Landheims wieder in einen natürlichen Zustand zu versetzen, heimische Sträucher und Stauden zu pflanzen usw. Unter anderem wurde von der Bach-AG ein Teich oberhalb des Landheims angelegt, wo bis 1980 das Wochenendhaus von Frau Herrlinger gestanden hatte. Dies war abgerissen worden, und stattdessen waren dort kleine Terrassen angelegt worden. Für die Arbeit im Gelände wurde eine Reihe von Geräten angeschafft wie Häcksler, Rasenmäher, Mulchmäher, Laubsauger, Motorsäge und anderes. Für die Geräte wurde in der letzten Zeit in Eigenarbeit ein Geräteschuppen hinter der Garage angebaut. Zur biologischen Arbeit erhielten wir aus Fördermitteln einen Wasseranalysekoffer für die Untersuchung des Bachwassers, Binokulare und manche kleineren Geräte für unterrichtliche Arbeit. Der Modellversuch wirkte sich aber auch auf andere Bereiche aus. So wurde zum Beispiel ein Müllkonzept erarbeitet, mit dem wir eine Menge Geld sparen. Projektarbeit am Beispiel der Theatergruppe im Schullandheim Auch bei TiL, dem Theater im Lessing-Gymnasium, hatte alles im Landheim angefangen. 1974 im Frühsommer erarbeitete sich dort die damalige 9b Hans Sachs’ „Der fahrende Schüler im Paradies“. Der Text wurde in zeitgemäßes Deutsch übersetzt, Szenen einstudiert, Verse auswendig gelernt, ein Bühnenbild entworfen und angefertigt. Das Fastnachtsstück hatte dann am 28. Juni in der Turnhalle des Lessing-Gymnasiums Premiere. Dass sich daraus eine lange erfolgreiche Theatertradition an unserer Schule entwickeln würde, konnte damals keiner wissen. Immer wieder legten und legt die Theatergruppe entscheidende Wegstrecken bei der Produktion der Stücke bei Intensivprobenphasen im Landheim Schönau zurück. Hier können sie - fern von Belastun-gen des Schulalltags, fern von Termindruck und Stundentakt - in Ruhe Ideen entwickeln und ausprobieren und auch einmal an einer „Sache dranbleiben“.
Dass das gemeinsame Leben und Arbeiten im Landheim hilft, Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Alters- und Klassenstufen als Gruppe zusammenwachsen zu lassen, ist mehr als nur ein angenehmer Nebeneffekt. Der Vorstand des Landheimvereins 1983 gab es einen Wechsel in der Vorstandschaft. Herr Rohr, der seit 1955 (als Nachfolger von Karl Selzle) das Amt des Geschäftsführenden Vorsitzenden – bzw. des Hauswartes, wie es ursprünglich einmal hieß – wahrgenommen hatte, trat in den Ruhestand. Dies bedeutete, dass er auch die ehrenamtliche Aufgabe des Geschäftsführenden Vorsitzenden aufgeben musste, die eine häufige Anwesenheit in der Schule voraussetzt. Stattdessen wechselte er als Nachfolger von Herrn Willi Harnack in das Amt des 1. Vorsitzenden, das er bis zum Jahre 2001 innehatte. Herr Harnack war seit 1959 Vorsitzender gewesen und erhielt für seine Verdienste um den Landheimverein den Ehrenvorsitz. Nachfolger von Fips Rohr als Geschäftsführender Vorsitzender wurde Rainer Schunck, der dieses Amt seitdem ausübt. Die gemeinsame Arbeit im Vorstand war außergewöhnlich harmonisch. Im letzten Jahr folgte Werner Diefenbacher als 1. Vorsitzender nach, der seit 1954 dem Lessing-Gymnasium angehört und von 1971 bis zu seiner Pensionierung 1989 die Schule geleitet hatte. Stets hatte er hinter den Ideen des Schullandheims gestanden und war ein Verfechter des schuleigenen Landheims in Schönau gewesen. Seit 1985 war Herr Schunck Stellvertretender Schulleiter und mit ihm das Landheim auch in der Schulleitung verankert. Der Wechsel in der Schulleitung fiel zeitlich zusammen mit der Aufforderung an den Landheimverein, die Satzung zu ändern. Bisher war der Geschäftsführende Vorsitzende vom Schulleiter ernannt worden, nunmehr musste er von der Mitgliederversammlung gewählt werden. Wenn auch hierdurch offiziell der Einfluss der Schule auf den Landheimverein eingeschränkt wurde, so besteht die enge Bindung zwischen Schule und Verein doch weiter, nicht nur durch den Namen und die Tradition, auch durch die Tatsache, dass ein Elternvertreter dem Vorstand des Landheimvereins angehört und auch der Geschäftsführende Vorsitzende ein Lehrer der Schule ist. Auch von der Schulleiterin Uta Vater wurde das Landheim nach Kräften unterstützt.
Die Einbeziehung der Ehemaligen in den Landheimverein wird seit Mitte der 80-er Jahre stärker betont. Die Goldabiturienten bzw. die Diamantenen Abiturienten, die also vor 50 bzw. 60 Jahren das Abitur am Lessing-Gymnasium abgelegt haben, werden ins Landheim eingeladen und verbringen dort einen gemeinsamen Tag mit der Schulleitung. Die Reaktion auf diese Geste den ehemaligen Lessing-schülern gegenüber war sehr positiv. Ein Wiedersehen nach einer so langen Zeitspanne miteinander und mit dem Landheim stellt ein Erlebnis dar, das für die älteren Herren unvergesslich ist. Viele die-ser ehemaligen Schüler dokumentieren ihre Bindung an das Lessing-Gymnasium, indem sie dem Landheimverein als Fördernde Mitglieder beitreten und dadurch den Verein erheblich unterstützen. Aber auch andere Klassen äußern häufig den Wunsch, ein Klassentreffen einmal im Landheim durch-zuführen. Sofern das Landheim an einem Wochenende frei steht, ist dies immer möglich. Für den Landheimverein ist dies ein Zeichen der Verbundenheit über Jahre hinweg. Seit einigen Jahren entschließen sich auch Abiturienten immer öfter, beim Verlassen der Schule dem Landheimverein als Fördermitglied beizutreten und damit nicht alle Bindungen abreißen zu lassen. Die Steigerung allein der Fördermitglieder (ohne die Eltern unserer gegenwärtigen Schüler) in den letzten Jahren auf über 150 ist für den Verein eine wesentliche Unterstützung. Partnerschaft Seit 1986 besteht eine Verbindung mit dem Kepler-Gymnasium in Freiburg; dessen Schullandheim auf dem Schauinsland im Schwarzwald steht uns als Partnerheim zur Verfügung. Klassen beider Schulen können einen ihrer Aufenthalte in dem jeweils anderen Heim verbringen; dadurch wird die Palette der Landheimaufenthalte etwas bunter, ohne dass den beiden Trägervereinen Aufenthalte an kommerzielle Träger verloren gehen.
Wie konnte dies alles ermöglicht werden? Vieles konnte im Landheim geschaffen werden ohne Einsatz von Geldmitteln, durch Ideen, durch Eigentätigkeit, durch Hilfsbereitschaft von Mitgliedern und Freunden, die sich dem Landheim verbunden fühlen. Zum Teil sind es, wie die Verbindung zu den Ehemaligen, die Partnerschaft mit anderen Landheimen, die Teilnahme an Modellversuchen des Bundesverbandes, ideelle Verbesserungen, die dem Landheim zugute kommen. Viele Veränderungen am Haus und seiner Umgebung konnten dagegen nur mit dem Einsatz hoher Kosten ermöglicht werden. So wurde allein in den Jahren zwischen 1986 und 1999 durch das Oberschulamt Karlsruhe ein Gesamtbetrag von fast 400.000,- DM zu den verschiedenen erwähnten und unerwähnten Maßnahmen beigesteuert. Dieser Zuschuss war auf jeweils 50% der beantragten Maßnahmen beschränkt; ein ebenso großer Betrag musste also für Investitionen erwirtschaftet werden. Leider sind seit Anfang 2000 keine Mittel im Landeshaushalt mehr für Landheime vorgesehen, was für den Landheimverein bedeutet, dass wir noch mehr aus eigenen Kräften tun müssen. Das setzt eine sehr sparsame Wirtschaftsführung voraus. Dass wir aber das Landheim in diesen Zustand versetzen konnten, dafür danken wir neben den ehemals für die Bezuschussung zuständigen Herren Weiß und Gunkel im Oberschulamt Karlsruhe insbesondere den Mitgliedern, die durch ihre Spenden immer wieder die Realisierung neuer Ideen ermöglichten, und der Stadt Mannheim, die jährlich einen Betriebskostenzuschuss an die beiden schuleigenen Landheime des Lessing- und des Elisabeth-Gymnasiums bezahlt. Dank auch den vielen, die oft hinter den Kulissen die Arbeit des Landheims unterstützt haben, bei den Arbeiten vor Ort und bei der Verwaltung des Hauses, z.B. im Kassenwesen.
Hinter allem, was in diesem Landheim geschaffen wurde, steht aber die Kontinuität, die auf der langjährigen Arbeit von Männern wie Karl Bühn, Fritz Kautz und vor allen Dingen Fips Rohr aufbaut. Gerade Herr Rohr hat die ganze Spanne der Landheimgeschichte von der ersten Belegung als Schüler bis heute in den verschiedensten Aufgaben und Ämtern begleitet. Seine Motivation für das Landheim war ansteckend. Wie kein anderer hat er sich um dieses Heim verdient gemacht. Einen Bruch hat es in der über 70-jährigen Landheimgeschichte nicht gegeben, und es bleibt zu hoffen, dass das Landheim Lessingschule auch in Zukunft allen Anforderungen gerecht bleiben wird, die vor allem in pädagogischer Hinsicht, aber auch im Blick auf den notwendigen Komfort und die Erfordernisse von Sicherheit und Hygiene gestellt werden. Wichtig aber ist auch, dass Lehrer und Schüler die Chancen, die ein eigenes Schullandheim bietet, auch weiterhin erkennen und nutzen.